Herbert Reis    Journalist und Autor

freier Journalist und Autor


Wann welches Objektiv?

Wer sich eine Spiegelreflexkamera kauft, aber nie die Objektive wechselt, gibt viele Gestaltungsmöglichkeiten auf. Je nachdem, was man bei welchem Licht fotografieren will, unterstreicht das gut gewählte Objektiv die Bildaussage.

Aber welches?

Grundsätzlich gilt: Je höher die Brennweite, desto näher wird das abgebildete Objekt herangezoomt. Die Brennweite verändert auch die Bildwinkel der Aufnahme. Hier spielen aber auch die verschiedenen Aufnahmeformate (sprich: wie groß ist das auf den Sensor der Kamera einfallende Bild) eine Rolle. Deshalb geben Hersteller meistens die sogenannte kleinbildäquivalente Brennweite an.
 

Kleinbildbrennweiten werden mit Werten wie zum Beispiel 24-60 mm bei digitalen Kompaktkameras angeben. Wenn ein solches Objekt den Bereich zwischen 17 und 35 mm umfasst, sind Weitwinkelaufnahmen möglich (hilfreich, um zum Beispiel Menschengruppen oder Bauwerke aus nicht allzu großer Entfernung aufzunehmen), ab 50 mm ist man schon im leichten Telebereich.
 

Wann Sie ein Weitwinkelobjektiv verwenden
 

Ein herkömmliches Weitwinkelobjektiv (im Gegensatz zu einem Super-Weitwinkel) umfasst einen Bereich zwischen 24 mm und 35 mm und ist ein absolutes Muss, wenn Sie Landschaften fotografieren wollen. Weitwinkelobjektive sind auch bei Umgebungsporträts sehr beliebt (die Art von Aufnahmen, die Sie in Zeitschriftenartikeln über berühmte Persönlichkeiten, Politiker etc. sehen und in denen immer auch viel von der Umgebung zu sehen ist).

Wenn Sie beispielsweise einen Feuerwehrmann in einer Feuerwache fotografieren, sollten Sie ein Weitwinkelobjektiv verwenden und auch einen Teil des Löschfahrzeugs ins Bild integrieren. Weitwinkel sind auch toll, wenn Sie einen Überblick von etwas aufnehmen wollen - gehen Sie nah heran, dann wird es interessant. Es gibt Weitwinkelobjektive mit 18-55 mm (wie ich sie bevorzuge) oder Super-Weitwinkel mit 12-24 mm.

Wann Sie ein Fischaugenobjektiv verwenden
 

Der Name für dieses Objektiv ist ganz passend, denn damit erzielen Sie eine unglaublich weite, fast runde Ansicht (und das Objektiv selbst ist etwas nach außen gewölbt, wie ein Fischauge - ich weiß jetzt allerdings nicht, ob das Objektiv aufgrund seines Aussehens so heißt oder aufgrund der Bilder, die erzeugt werden). Hierbei handelt es sich um ein Spezialobjektiv, das Sie nur sehr sparsam einsetzen sollten, denn der Effekt nutzt sich schnell ab, wenn Sie ihn zu häufig verwenden.

Im richtigen Moment erzeugen Sie mit diesem Objektiv wirklich faszinierende Bilder (halten Sie es über Ihren Kopf, wenn Sie sich in einer Menschenmenge befinden und fotografieren Sie nach unten). Fischaugenobjektive verzerren die Horizontlinie im Bild. Die minimalste Verzerrung erzielen Sie, wenn Sie das Objektiv direkt vor den Körper halten.
 

Wann Sie ein Teleobjektiv verwenden
 

Wenn Sie richtig nah heran wollen, dann ist das Ihre Eintrittskarte. Sie könnten sich ein einfaches Teleobjektiv (beispielsweise mit einer festen Brennweite von 200 mm) und kein Telezoom (bei dem Sie beispielsweise zwischen 80 mm und 300 mm zoomen können) zulegen, wenn Sie dann jedoch feststellen, dass Sie zu nah dran oder weit weg sind, können nur Sie als Person sich nach vorn oder hinten bewegen.

Mit einem Telezoom können Sie ganz einfach weiter in die Szene hinein- oder aus ihr herauszoomen, falls Sie zu nah dran sind - der Unterschied besteht in der Komposition Ihrer Aufnahmen. Ich benutze das Telezoom für alles von Porträt- über Sportaufnahmen bis hin zu Architekturfotos (ich zoome gern in interessante Gebäudedetails hinein, anstatt das Gebäude im Ganzen zu zeigen).
 

Wann Sie lichtstarke Objektive verwenden
 

Wenn Sie Innenaufnahmen ohne Blitz machen wollen (z.B. in einer Kirche, einem Museum oder dort, wo der Einsatz eines Stativs nicht erlaubt ist), brauchen Sie ein richtig lichtstarkes Objektiv (mit Blendenwerten wie f/1,8 oder noch besser f/1,4; je kleiner die Zahl, desto weniger Licht ist nötig).

Warum das so wichtig ist? Wenn Sie an einem dunklen Ort fotografieren, kann die Kamera das Bild nur aufnehmen, wenn die Verschlusszeit verlängert wird, also mehr Licht in die Kamera gelangt. Das ist kein Problem, so lange sich die Kamera auf einem Stativ befindet. Halten Sie sie jedoch in der Hand (in einem Museum oder einem Theater etc.) und fällt die Verschlusszeit unter  1/60 s, dann sehen die Bilder auf der Kamera vielleicht noch ganz okay aus, auf dem Computer erkennen Sie dann jedoch, dass sie unscharf und unbrauchbar sind. Wählen Sie jedoch die Blende f/1,8 oder f/1,4, erzielen Sie auch aus der Hand schöne scharfe Bilder. In diesem Fall ist weniger (eine kleinere Zahl) einfach mehr. Ich selbst besitze auch so ein Objektiv und ich liebe es.
 

Wann Sie ein ultra Weitwinkelzoom verwenden
 

Auch wenn dieses Objektiv für kreative Fotos für alles von Porträt- bis Reisefotografie verwendet wird, handelt es sich doch eigentlich um ein Spezialobjektiv für Landschaftsfotografen. Denn das Objektiv ist so weit, dass es sich für die Landschaftsfotografie wirklich optimal eignet (wenn Sie gern DVDs oder Blu-rays schauen, dann vergleichen Sie ein super Weitwinkelobjektiv einfach mit einem anamorphen Breitbild).

Dieses Objektiv bietet Brennweiten bis minimal 12 mm. Bei Objektiven mit Brennweiten kleiner als 12 mm (also 11 mm oder 10,5 mm) handelt es sich um Fischaugenobjektive, die für die ernsthafte Landschaftsfotografie nicht in Frage kommen. Besitzen Sie eine digitale Spiegelreflexkamera mit einem Vollformat-Sensor und arbeiten Sie mit einem Weitwinkelobjektiv, das für solche Sensoren gedacht ist (z.B. ein Nikkor 14-24 mm f/2,8), wird ein viel weiteres Bild aufgenommen als mit einer herkömmlichen digitalen Spiegelreflexkamera. Hier kann eine Vollformat-Kamera ihre Trümpfe ausspielen - wenn Sie wirklich weite Aufnahmen machen wollen. Bei Weitwinkelobjektiven sehen Sie die deutlichsten Verbesserungen, denn mit Vollformat-Kameras erzielen Sie einen wirklich weiten Blickwinkel.
 

Wann Sie ein Super-Teleobjektiv verwenden
 

Wir bezeichnen dieses Objektiv als "langes Glas" (weil es meistens wirklich sehr lang ist). Damit können Sie, egal, was Sie fotografieren, wirklich richtig nah ran. Typische Brennweiten dieser Objektive liegen bei etwa 300 mm bis zu 600 mm (oder mehr). Sie werden hauptsächlich für Sport-, Luft- sowie Tier- und Vogelaufnahmen verwendet. Sie können feste Brennweiten kaufen (z.B.  400 mm f/5,6) oder Super-Teleobjektive. Wenn Sie mit dem Objektiv auch unter schwachen Lichtbedingungen fotografieren wollen (z.B. mit f/4 oder f/2,8), kann es schnell recht teuer werden (ein 500 mm f/4 Objektiv kostet beispielsweise um die 5800 Euro) - aber Sie können mit einer sehr kleinen Blende auch unter schwachen Lichtbedingungen fotografieren und Bewegungen einfrieren. Wenn Sie Ihre Sportaufnahmen hauptsächlich am Tage machen (bei nettem Sonnenlicht), müssen Sie nicht ganz so viel Geld ausgeben (dann reicht auch ein 100-400 mm f/4,5-5,6 für etwa 1500 Euro). Wenn Sie ein solch langes Objektiv kaufen, benötigen Sie in der Regel ein Einbeinstativ, um es zu fixieren (es wird am Objektiv befestigt - das funktioniert deutlich besser, als es sich anhört).
 

Wann Sie ein Makroobjektiv verwenden
 

Dieses Objektiv holen Sie heraus, wenn Sie etwas richtig nah fotografieren wollen. Kennen Sie richtig große Aufnahmen von Bienen, Blumen oder Marienkäfern? Das sind Makroaufnahmen. Echte Makroobjektive können nur Makroaufnahmen erstellen, aber das auch wirklich gut. Es gibt ein paar Dinge, die Sie über Makroobjektive wissen sollten:

Sie besitzen eine unglaublich kurze Schärfentiefe - so kurz, dass Sie eine Blume fotografieren können, bei der das Blütenblatt im Vordergrund scharf und das im Hintergrund so unscharf ist, dass Sie kaum erkennen können, was es ist. Diese kurze Schärfentiefe liebe ich so an Makroobjektiven - sie wird aber auch zur Herausforderung, wenn Sie versuchen, mehr Dinge in den Fokus zu bringen. (Versuchen Sie es mit f/22, um möglichst viel im Fokus zu haben. Fotografieren Sie außerdem im Querformat.)

Jede kleinste Bewegung oder Erschütterung führt zu einem unscharfen Foto. Ich empfehle Ihnen daher den Einsatz eines Stativs, wenn möglich. Außerdem macht sich ein Fernauslöser ganz gut, denn dann müssen Sie zum Auslösen die Kamera nicht berühren (und verhindern so mögliche Verwacklungen).
 

Wann Sie ein All-in-One-Zoom verwenden
 

Die beliebtesten Objektive von Sigma, Tamron oder Pentax sind deren 18-250 mm-Zoomobjektive, da man sie für alles nutzen kann. Sie bieten einen netten Weitwinkel bis hin zu Telefotoeinstellungen, ohne dass Sie das Objektiv wechseln müssen. Und das Beste ist, sie sind sehr kompakt, leicht und relativ kostengünstig im Vergleich zu einigen deutlich teureren Zoomobjektiven mit einem kleineren Brennweitenbereich. Diese Objektive sind ideal für die Reisefotografie (wo Sie nicht den ganzen Tag eine riesige Kameratasche mit sich herumschleppen wollen) oder auch Landschaftsaufnahmen mit einem Stativ. 

In Online-Foren ist immer mal wieder zu lesen, dass diese Objektive nicht scharf oder robust genug sind. Lassen Sie sich davon nicht beeindrucken. Ich kenne keinen Fotografen, der solch ein Objektiv besitzt und damit nicht zufrieden ist. Schließlich können Sie bei diesem Objektiv nie sagen: "Oh, jetzt habe ich die Aufnahme verpasst, weil ich nicht das richtige Objektiv dabei hatte." Es ist ein Objektiv für alle Gelegenheiten. Bei mir zu Hause hängt sogar ein Großformatdruck einer Aufnahme, die ich mit diesem Objektiv gemacht habe - ein Zeichen für deren Qualität. Alle lieben dieses Bild und es ist perfekt scharf.